Herbstleben
Im Herbst fallen Blätter und Haare.
Da flüchtet das Grün und Jahre.
Frühling und Sommer, Erinnerung bewahre.
Es welkt das Blatt und Haut,
zerkraust Sturmwind Pracht ,
der erntereifen Felder,
fegt letzte Träume,
wie Laub der Wälder.
Die größte Hitze war vorbei.
Kein Eis, nur Raureif in dunklen Stunden.
Nebel umwehte feuchte Gebiete
die selten betreten wurden,
fast vereinsamten,
doch an sinnlichen Tagen nach Besuchern geiferten.
Als die letzten warmen Sonnenstrahlen
goldene Hügel leuchten ließen,
zur Ernte reifer Früchte antrieben,
um Abgeerntetes für immer in tiefen Furchen
der Oberfläche verschwinden zu lassen,
tanzte die Jugend ein letztes Mal auf.
Einst im Sonnenblumental
Erinnerst du dich an das Sonnenblumental?
Dort wo wir spielten, unzählige Mal.
Die Freiheit war groß und das Licht war so hell,
übermütig in die Wiesen, wir rannten, so schnell!
Dann lagen wir da, im Gras so grün,
vor sommerblauem Himmel gelbe Sonnenblumen blühen.
Sie blickten hernieder und wiegten im Wind,
sie tuschelten leis´, doch das hört nur ein Kind!
Die Füße im Bächlein mit Kieseln so bunt!
Das Wasser glasklar kühlte auch unseren Mund.
Wenn heiß die Strahlen der Sonne uns stachen,
wir in die Schatten der großen Buchen aufbrachen.
Dort war die Mühle, erinnerst du dich?
Das alte Mühlrad knarrte, ob´s heut´noch spricht?
Die Mücken sie tanzten mit uns einen Reigen,
es war wieder Sommer, meine Lieb´wollt´ich dir zeigen.
So laut war das Rauschen, das Fließen der Flut,
die Stiche der Tiere, du verstandst mich nicht gut.
Die Zeit ist vorbei, Herbst und Winter stehen an,
dem Sommer ade´, du hast einen anderen Mann.
Etwas regt sich
Von Regina Pönnighaus
Durch letzten Klecks vom Winterschnee,
treibt es lila gelb zur Sonne,
sprießen Glöckchen in die Höh´,
läuten: Ist´s nicht eine Wonne?
Wo dunkel der Tag in der Kälte ruht,
jetzt weckt ihn das Licht mit wärmendem Schein,
noch zaghaft und schüchtern, doch wohlgemut,
platzt das Knöspchen im Wald grün und fein.
Eben noch grau und ungemütlich,
totenstill, trübe, bedrohlich, für wahr,
plötzlich erwacht alles, färbt ein, unermüdlich,
zwitschert, jubiliert und flattert es gar!
Aufgestanden wird hier wohl jetzt,
der tiefe lange Schlaf ist nun vorbei,
Frost und Eis sie fliehen entsetzt,
Flora, Fauna, Mensch tanzen: „Juchei!“.
Erwachen
Ein Vanillemorgen-
eine Luft wie Milch und Karamell.
Himmelsschiffe fliegen ins Morgenrot,
wohin sie segeln weiß keiner.
Ich schau ihnen nach-
sie werden kleiner.
Verschwinden ganz am Horizont,
das Erwachen Realität bekommt.
Betrübt verlieren sich die Träume,
Taglichthimmel hell,
die bunten Farben werden blass,
Hektik erfüllt entspannte Räume,
nur noch Floras Teppich nass.
2008
Kastanienträume
Die Scheunen voll,
die Felder sind leer,
Stoppeln stehen kalt im Wind.
Die dunklen Schollen atmen den feuchten Dunst
des noch müden Tages.
Die Erde dampft und duftet nach Herbst.
Dickstämmige Kastanien säumen den Weg
und träumen von alten Zeiten,
Begegnungen, verwehten Leben,
im Sturm der Jahrzehnte.
Das erste zaghafte Licht
schiebt sich vorsichtig über die sanften stillen Hügel,
und feengleich schweben Schleier graziler Sonnenstrahlen
durch die Äste der bunten Alleebäume.
Im Sonnenaufgang
glänzendes Kopfsteinpflaster.
Nasses Laub badet in kleinen Pfützen,
im Regen von gestern,
wartet aufs Vergehen.
2007
Anna
Vor Scham errötet steht sie nackt in der Flut,
formvollendet, grazil,
in willkürlicher Brandungswut.
Gezeitenumspielt und meerumwoben
lässt Sturmwind und Wellen
von weiter See mit sich toben.
Die Schönheit ihrer Kurven umweht kaltes Salz rau,
streichelnder Odem,
derbe Küsse für die Inselfrau.
Vielen ihr Zuhause, von Scharen beliebt
Silbermöve und Basstölpel
sie eine Heimat gibt.
Die Riesin erblickt träumend die Schiffe so schwer,
sie ziehen vorbei,
wer weiß wohin und woher.
Von vielen begafft und angesehen,
geknipst und gemalt,
bleibt sie stolz und stark in der Brandung stehen.
Die Jahrhunderte nagen an ihrem Sein,
so tief die Risse und Spalten,
es helfen kein Beton, kein Stahl und kein Stein,
so schmerzhaft, so traurig
der Natur überlassen,
lässt aufs Schicksal sie sich ein.
Du lange Anna, Geliebte Helgoland,
Du große kollossale Schöne,
bleibst unvergessen
dem der Dich gekannt,
Dein Fels in leuchtend rotem Gewand.